Das Regiedrehbuch, also jenes Exemplar, das der Filmemacher zur eigenen Verwendung während der Dreharbeit bei sich führt,
ist ein besonderes Element jeder Spielfilmproduktion. Zunächst ist es das Substrat der Vorarbeiten, eine Abfolge der Szenen,
Dialoge und Schauplätze. Die Noten dieser Partitur sind jedoch schon durch zahlreiche Annotationen ergänzt, die der
"Dirigent" während der Ausführung am Set zu beherzigen gedenkt. Schon die einleitende Szenenübersicht kann Informationen enthalten,
die kein reguläres Drehbuch berücksichtigt zum Beispiel eine exakte Datierung der fiktionalen Geschehnisse: ein internes
Gerüst für den Erzähler, das im Film selbst höchstens unterschwellig wirksam wird. Oder Angaben zur Dauer der Szenen
sie verweisen eher auf eine mentale Durchspielung vorab als auf die tatsächliche Dauer im fertigen Film.
Im Fall von Amour (und anderen Regiebüchern Michael Hanekes) enthält eine Doppelseite jeweils die französische und deutsche Textfassung einer
Szene erstere in kleinerer Schrift, um Platz für visuelle Informationen zu schaffen. Dazu zählen etwa digital vorgefertigte
Storyboards sie finden sich bei Haneke seit Die Klavierspielerin (2001), wurden aber im Lauf der Zeit technisch elaborierter und seine eigenen, schematischen Bleistiftzeichnungen,
die auch Details wie Mimik und Position erfassen. Vorgedruckte Grundrisse mit Abfolgen von Kamerapositionen, Einstellungswinkeln
und Ortswechseln der Schauspieler ergänzen die raum-zeitliche Gesamtkonzeption. Weitere "visuelle Notizen" entstehen aller
Wahrscheinlichkeit nach während der Dreharbeiten selbst.